Calçotada oder: Wie sich aus angekohlten Zwiebeln wahre Leidenschaften wecken lassen
Man nehme…
eine der billigsten Gemüsearten, die normalerweise kaum in Kochbüchern erwähnt werden: Die Winterzwiebel, oder auch Lauchzwiebel genannt, da sie der Form wegen Lauch sehr ähnlich ist. Auf Katalanisch: calçot.
ein einfaches Grillrost (schlieβlich ist es mitten im Winter) oder einfach einen Platz, wo wir ein Feuer anzünden können.
etwas Brennholz (keine Kohle oder Grillkohle, denn das ändert den Geschmack erheblich!)
ein Feuerzeug oder Streichhölzer, um das Feuer anzuzünden (Ich erwähne es deshalb, weil es heute glücklicherweise nicht mehr soviele Raucher gibt, die das eh bei sich tragen!)
Zeitungspapier (auch inzwischen weniger verbreitet), um die gegarten Zwiebeln warm zu halten und zu servieren.
einige weitere Gemüsesorten (besser eine sog llaia, also eine katalanische Groβmutter, nach dem Rezept fragen), die für das Gelingen der bekannten Romesco-Soβe notwendig sind.
Die Lauchzwiebeln werden direkt in die Glut geworfen, damit sie auch von innen gut gar werden. Nach einer Weile, wenn sie auβen schon recht angekohlt sind, werden sie so wie sie sind zum Tisch gebracht. Oder für diejenigen, die es genaunehmen mit der Tradition, servieren sie in einer Dachziegel (ja genau, richtig gelesen, Dachziegel!!!). Man greift mit einer Hand eine Zwiebel am Ende (wo vorher die Wurzeln der Zwiebel war), während die andere Hand die verbrannten Häute abstreift, so dass nur noch der innere, weiβe und weiche Teil übrig bleibt. Den tunken wir in eine Schüssel mit der bereits erwähnten Romesco-Soβe. Hmmmmm….lecker!
Wenn man einmal eine Calçotada mitgemacht hat, braucht man auch keine Erklärungen mehr, warum so viel Hype darum gemacht wird
Die Soβe ist für gewöhlich unheimlich lecker! Mit ihr löst sich die Lauchzwiebel auf der Zunge auf wie Schokolade, den süβen Geschmack inklusive!
Man kann mit Fingern essen, und keiner guckt dich schief an! Auβerdem gilt es umso besser, je dreckiger der Tisch am Ende aussieht. Es ist schön, einfach mal ein Ferkel zu sein!
Das Essen wird in der Regel von Rotwein aus der Region begleitet, der in einem Porrón gereicht wird. Daher die roten Flecken auf dem Tischtuch!
Keine Sorge: Um nicht auch gleich die Kleidung mit verbrannten Zwiebelhäuten oder Rotwein mit Mitleidenschaft geraten zu lassen, ist es üblich, sich einen Schlabberlatz umzuhängen 😉
Insgesamt handelt es sich um ein soziales Event! Oder besser gesagt um ein kulinarisches Ereignis mehrerer Personen, denn eine Calçotada wird immer in kleinen oder groβen Gruppen verspeist.
Aus Valls in der Provinz Tarragona kommt dieser Brauch ursprünglich her. Hier nehmen jedes Jahr im Januar für gewöhnlich hunderte von Leuten teil.
Das sind dann die wahren Calçotades, direkt auf der Strasse oder auf dem Land.
Viele katalanischen Restaurants haben von Januar bis April ebenfalls Calçots auf ihrer Speisekarte. Wir landeten gestern nach einer Wanderung von Barcelona aus in dem bekannten AusflugsrestaurantMasía Can Borrell, ein einmaliger Ort mitten auf Feldern in einem mittelalterlichen Gebäude in der Nähe von St. Cugat.
In einem Restaurant ist es natürlich eine andere Sache. Aber auch da gibt es einen Schlabberlatz aus Papier, Wein im Porrón serviert bis hin zu Plastikhandschuhen! Es ist anders, aber auch gut!
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