Warum Reisen nach Barcelona nach wie vor sicher sind

Warum Reisen nach Barcelona nach wie vor sicher sind

Neulich erzählte mir ein Bekannter, dass sein Freund aus Österreich schon wieder seine Barcelona-Reise verschoben habe. Die Absage klang in seinen Ohren fadenscheidig, er vermutete, dass er das Reisen nach Barcelona aus Sicherheitsgründen ablehnte und war ganz traurig darüber. Im Sommer letzten Jahres direkt nach dem Terroranschlag auf den Rambles, bei dem 14 Menschen getötet und über 100 verletzt worden waren, könne er es ja noch verstehen, aber jetzt?

Ich war baff und googelte gleich mal nach, was in den deutschsprachigen Medien zum Stichwort #Katalonien alles in letzter Zeit so erschienen ist:

Eine Negativschlagzeile nach der anderen – da wundert’s einen kaum, dass die Urlauber verunsichert sind.

Kein Grund zur Sorge: Reisen nach Barcelona ist sicher!

Ich persönlich lebe hier nun schon seit mehr als 13 Jahren und fühle mich nach wie vor absolut sicher! Ich sehe auch überhaupt keinen Grund, warum man jetzt nicht mehr den Pyrenäen wandern, einen Sekt im Penedès schlürfen oder an einem der schönen Strände der Costa Brava oder Costa Dorada abhängen sollte – ganz im Gegenteil!

Keine Frage: Der Konflikt um die Unabhängigkeitsbestrebungen eines Teils der katalanischen Bevölkerung weckt nicht gerade Reiselust und ist auf persönlicher und politischer Ebene sicherlich erschütternd. Aber im Alltag macht sich das kaum bemerkbar.

So auch im Umgang mit meinen Freunden und Bekannten: In WhatsApp-Gruppen, egal welcher Couleur (ich bin da so diversen, wie wir alle vermutlich 😉 ist es meist ein Tabu-Thema! Und auch so werde ich weder bedrängt, eine bestimmte Meinung anzunehmen, noch ist es das allerseits beherrschende Thema.

Ich behaupte sogar, dass die Leute inzwischen eher etwas müde geworden sind. Zumindest stösst frau bei Wanderungen, bei denen das Thema mal wieder aufkam, inzwischen eher auf Zurückhaltung oder vielleicht ist es auch einfach Frust. Die wunderschöne Natur drumherum lenkt von den Sorgen ab und das ist das, was in dem Moment zählt.

Politik bleibt aussen vor

Das können vermutlich auch diejenigen von euch bestätigen, die in den letzten Jahren Reisen nach Barcelona angetreten haben, denn der Streit um die Unabhängigkeit ist nicht neu! Er schwelt schon seit geraumen Jahren.

Mir sind schon vor einigen Jahren bei der Demo gegen die Arbeitsmarktreform der Spanischen Regierung am 29. März 2012 die vielen Fahnen der Unabhängigkeitsbefürworter aufgefallen,

, erkennbar an dem blauen Dreieck mit weiβem Stern in der sonst gelb-rot gestreiften katalanischen Flagge, der sogenannten Senyera:

Auch der “Nationalfeiertag” des gleichen Jahres, der Diada, die jährlich am 11. September stattfindet, stand schon im Zeichen der Unabhängigkeit. Also im Grunde nichts Überraschendes.

Die Katalanen sind ein friedliches Volk

Am 1. Oktober 2017, als während des verbotenen Gangs zu den Urnen die Guardia Civil, also die nationale, spanische Polizei, die Wahlwilligen gewaltsam davon abhielt – und das ist noch vorsichtig ausgedrückt – war fern der betroffenen Wahllokale eigentlich alles ganz ruhig.

Ich selbst hatte ab 6 Uhr morgens eine Freundin zu einem Wahllokal im Stadtteil Gracia begleitet und war beeindruckt von der Ausdauer der Leute, die trotz Regen stundenlang geduldig ausharrten …

… und bin danach bei der Metrostation Fontana in die grüne Linie L3 eingestiegen:

Ich persönlich habe es eh noch nie erlebt, dass sich Katalanen untereinander auf offener Straβe prügeln oder lauthals ihre politische Meinung verkünden. Zumindest nicht abseits von Demonstrationen oder wenn dann per Grafiti:

Übersetzung vom Katalanischen: Wir sind Republik – Wir sind Brüder

Die Demonstrationen sind bisher alle friedlich verlaufen. Bei der letzten Demo während des Generalstreiks am 3. Oktober 2017 versammelten sich allein etwa 700.000 Menschen in Barcelona zu einer Massenkundgebung als Protest gegen die Polizeigewalt am 1. Oktober, ganz zu schweigen von den „manifestació“ in anderen katalanischen Städten wie Girona, Lléida und Tarragona.

Gewalt? Fehlanzeige! Weder auf Seite der Befürworter noch der Gegner der #Independència.

Was die Sozialen Netzwerke angeht, so ist das natürlich eine Parallelwelt, die ich hier nicht weiter beachten will. Dort wird argumentiert, geschimpft, gewettert und getrollt, was das Zeug hält. Hier wie da, ein Phänomen der Neuen Medien, international wie national, leider.

Was ist da unten eigentlich los, und wie geht’s jetzt weiter?

Um die Frage zu beantworten, könnte man Bücher schreiben und wie es weitergeht, weiβ sowieso keiner.

Es gibt unzählige Infos, Berichte, Geschichten am Rande, zweifelsohne ein groβes Thema! Mir geht’s aber nicht darum, hier ein genaues Bild der politischen Landschaft abzugeben, deshalb hier nur das Wichtigste:

  • Vielen geht es im Grunde nicht so sehr um einen unabhängigen Staat, sondern zunächst mal um das Recht zu wählen, so wie die Schotten es 2014 getan haben und wohl auch wieder tun werden. „We just want to vote“

  • Nach dem Ergebnis der verbotenen Abstimmung vom 1. Oktober letzten Jahres hatte die damalige katalanische Regierung mit der Erklärung der Unabhängigkeit noch gezögert, um mit Madrid zu verhandeln, diese dann aber doch am 27. Oktober einseitig deklariert, bekannt unter dem Namen DUI (Declaració Unilateral d’Independèndia).
  • Die Spanische Regierung hatte ein paar Tage zuvor, am 21. Oktober, die katalanische Regierung abgesetzt, das Ruder in die Hand genommen und Neuwahlen für den 21. Dezember verkündet. Gleichzeitig wurden verschiedene Minister der Lokalregierung, der Vizepräsident und zwei Anführer der Unabhängigkeitsbewegung in Untersuchungshaft genommen.
  • Nach nun mehr als vier Monaten befinden sich vier von ihnen noch im Gefängnis, während der ehemalige Präsident Puigdemont und vier andere Minister seiner Regierung nach wie vor in Belgien sind. Eine weitere Politikerin der Unabhängigkeitsbewegung, Anna Gabriel, ist vor ein paar Tagen in die Schweiz geflohen.
  • Gewinner der vorgezogenen Neuwahlen am #21D waren wieder mit knapper Mehrheit die Unabhängigkeitsbefürworter. Sie wollen Puigdemont als Präsidenten wieder ins Amt heben, was aber juristisch derzeit nicht möglich ist, da sich dieser dazu im Land befinden muss.
  • Im Moment steht Katalonien ohne eigene Regierung da, obwohl die Wahl schon ein Weilchen her ist. (Damit haben wir Deutschen ja auch ein wenig Erfahrung, siehe #BTW17 und #Regierungsbildung 😉
  • Die Forderung nach Freilassung der politischen Gefangenen steht momentan im Vordergrund. Überall auf den Straβen, egal ob in Barcelona oder in kleinsten katalanischen Dörfern, sind die gelben Schleifen als Solidaritätsbekundung zu sehen. Derzeit hat auch Fussballtrainer Pep Guardiola mit Gegenwind zu kämpfen, weil seine gelbe Schleife am Jacket als politisches Statement bei den Fuβballverbänden nicht gut ankommt und Aufsehen erregt.

Was sollte ich bei meinen Reisen nach Barcelona und Umgebung beachten?

Nichts!

Denn nochmal:

Ich persönlich sehe absolut keinen Grund, nicht nach Barcelona, Girona, Tarragona oder generell nach Katalonien zu reisen. Ganz im Gegenteil!

Vielleicht gibt’s ja soger den ein oder anderen Discount – einfach mal nachfragen!

Das Auswärtige Amt gibt derzeit auch nur einen allgemeinen Sicherheitshinweis, der auch für andere EU-Länder gilt:

“Das Anschlagsrisiko in Spanien ist mit dem in anderen EU-Mitgliedstaaten vergleichbar. Reisende sollten sich weiterhin umsichtig verhalten und die Medienberichterstattung aufmerksam verfolgen.”

Ich glaub, wichtiger ist es, auf seine Geldbörse oder Handtasche zu achten, statt sich schon vor dem Trip wegen einer Demo kirre zu machen. Wenn tatsächlich eine Manifestació oder ein Generalstreik anberaumt ist, sollten Autofahrer darauf achten, ob  auf der Autobahn AP7 nach der französischen Grenze etwas geplant ist, damit sie nicht im Stau stehn.

In Barcelona könnt ihr während einer Demo die groβen Plätze und Alleen wie Plaça Catalunya, Passeig de Gràcia, Gran Vía oder Plaça Espanya meiden – nicht aus Sicherheitsgründen, sondern einfach aufgrund der Menschenmassen.

Wie sind eure Erfahrungen? Was meint ihr dazu?

Freu mich über eure Kommentare!

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  • Ich finde dass „Desconnect“ absolut richtig liegt in seiner Ansicht der Vorgänge hier in Katalonien. Ich lebe nun schon viele Jahre hier in Barcelona und meine Erfahrung der letzten Zeiten haben mir bestätigt dass, wie meine Mutter immer gesagt hat, “ es wird nicht so heiss gegessen wie gekocht!

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